Heute am dritten Sonntag der Osterzeit wird uns im Gottesdienst der Urtyp einer Predigt vorgestellt. Es war die allererste christliche Predigt überhaupt. Gesprochen hat Petrus am Pfingsttag. Petrus versuchte mit einem Wort des Alten Testaments seine jüdischen Zuhörer zu überzeugen. Die neue katholische Einheitsbibel übersetzt das von Petrus verwendete Zitat so: „Auch mein Leib wird in Hoffnung wohnen; denn du gibst meine Seele nicht der Unterwelt preis, noch lässt du deinen Frommen die Verwesung schauen“ (Apg 2,27).
Es handelt sich hier um eine Stelle aus dem Buch der Psalmen in der griechischen Septuaginta-Fassung. Die Apostel teilten mit allen Juden die Annahme, dass die Psalmen vom Dichterkönig David stammen. Petrus erklärt dieses Lied als eine wichtige Prophetie für die Auferstehung Jesu. Gott hat durch David diese Prophezeiung über den künftigen Messias gesprochen: Jesus, der als Mensch aus dem Geschlecht David stammt, wird nicht im Grab bleiben. Deshalb bezeugt Petrus nun: Gott hat es nicht zugelassen, dass der Leib Jesu im Grab verweste und seine Seele in der Unterwelt blieb. Die Auferstehung Jesu hat also wahrgemacht, was in den Gebeten Davis bei allen Israeliten im Umlauf war. Jetzt hat es sich erfüllt.
Solche Stellen der Heiligen Schrift sind für uns moderne Menschen oft ein Grund zum Weiterblättern. Wir tun uns mit der Sprache schwer, aber auch mit der Beweisführung. Es ist nicht die Spiritualität, die wir in Buchläden des 21. Jahrhunderts finden. In den Regalen des Buchhandels stapeln sich spirituelle Bücher mit Titeln wie „Die Seele baumeln lassen“, „Meditieren und Entspannen“, „Heilfasten“, „Zu deinem Körper gut sein“, „Achtsam mit der Schöpfung umgehen“. So lauten sinngemäß Buchtitel der spirituellen Literatur. Vieles bezog sich in den letzten Jahrzehnten auf einen Glauben, der einem selbst, den Mitmenschen und der Schöpfung guttun soll.
Das ist natürlich erlaubt, Glaube als Lebenshilfe ist in Ordnung. Aber es ist zu wenig. Die derzeitige Gesundheitskrise hat uns aus unserem Wohlfühlglauben herausgerissen und uns vor die existentielle Frage gestellt: Gibt es etwas oder besser gesagt jemanden, der auch die größte Belastungsprobe übersteht? Krankheit und Tod, gibt es da einen Ausweg? Ja, es gibt ihn. Er, von dem gesagt ist, sein Leib wird nicht verwesen. Er wird in seinem Grab in Hoffnung ruhen. Seine Auferstehung ist der Anfang der größten Hoffnung für die Menschheit.
Gestern rief eine Mutter bei mir an. Gerade ist ihr Sohn verstorben. „Jetzt habe ich schon mein drittes Kind verloren“, sagte sie tieftraurig. „Und ich kann mich – aufgrund des Alters und der Ausgangsbeschränkungen – nicht einmal von ihm verabschieden“. Dieser gläubigen Frau konnte ich kein Trostwort sagen, das aus der spirituellen Lebensberatung stammt. Aber ich bot ihr an, mit ihr um Perspektivenwechsel zu beten, dass sie ihren Sohn nicht als verloren zu betrachten hat, sondern dass er zu Gott hinüber gerettet wird.
Heute werde ich bei der heiligen Messe Mutter und Sohn zum Herrn tragen. Heute ist der Tag, an dem wir Woche für Woche seine Auferstehung feiern. Es ist Sonntag. An diesem Tag hat Gott uns geschenkt, dass auch wir in der Hoffnung zuhause sind.
(c) Pfarrer Christoph Haider